Lesung & Gespräch mit Polina Barskova Dichterin, Berkeley | Daniel Jurjew Übersetzer und Schriftsteller, Frankfurt am Main | Olga Martynova Dichterin und Übersetzerin, Frankfurt am Main | Moderation Steffen Popp Dichter und Übersetzer, Berlin

Jelena Schwarz (geboren 1948 in Leningrad, gestorben 2010 in Sankt Petersburg) galt als wichtigste Lyrikerin der inoffiziellen Lyrikszene in Petersburg. Ihr Freund, der Dichter Oleg Jurjew, stellte sie in eine Reihe mit DichterInnen wie Alexander Block, Ossip Mandelstamm, Anna Achmatowa oder Marina Zwetajewa. Unter Intellektuellen und SchriftstellerInnen fanden ihre Gedichte zunächst Verbreitung als gebundene Schreibmaschinenkopien, den sogenannten Samisdatbüchern. Mitte der 1980er Jahre erschien Schwarz‘ erster Gedichtband in den USA. In ihrer Heimat wurden ihre Gedichte erst nach der Perestroika gedruckt.

In ihren Texten verbindet Schwarz Verspieltheit mit äußerster Strenge. Sie wusste, die eigentliche Subversion besteht in der Wahrung der Form (einmal sogar mit ironischem Rückgriff auf die Regelpoetik des französischen Klassizismus). Die letzten Dinge werden in ihren Gedichten verhandelt, existentiell und heiter zugleich. Die Röntgenaufnahme ihres Schädels wird genauso selbstverständlich bedichtet wie eine Müllhalde oder das Liebesleben der Zarin Katharina II. Ihr zentrales Thema ist die Begegnung von Mensch und Schöpfergott. Schwarz spricht dabei durch Masken, benutzt antike Mythen und historische Stoffe als Folien.

Schwarz‘ Gedichte wurden das erste Mal in den 1990er Jahren ins Deutsche übersetzt. Jetzt liegt mit „Buch auf der Fensterbank und andere Gedichte“ (Matthes & Seitz 2022) eine großzügige Auswahl aus ihrem Gesamtwerk vor, die von Daniel Jurjew herausgegeben und übersetzt wurde.

Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen

Quelle YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=SzCHhVXkOKY&t=25s

Mit Elke Erb Autorin, Berlin | Steffen Popp Autor, Berlin | Monika Rinck Autorin, Berlin | Moderation Maren Jäger Literaturwissenschaftlerin, Berlin

Die Dichterin Elke Erb wird Ende Oktober mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis ausgezeichnet: dem Georg-Büchner-Preis. In der Jury-Begründung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung heißt es, Erb gelinge es wie keiner anderen, „die Freiheit und Wendigkeit der Gedanken in der Sprache zu verwirklichen, indem sie sie herausfordert, auslockert, präzisiert, ja korrigiert“. Zeitgleich zur Preisverleihung erscheint mit Das ist hier der Fall in der Bibliothek Suhrkamp eine großzügige Auswahl ihrer Gedichte, die von Monika Rinck und Steffen Popp herausgegeben wird. Sich auf Gedichte von Elke Erb (geboren 1938 in Scherbach) einzulassen bedeute, so die HerausgeberInnen in ihrem gemeinsamen Nachwort, auf eine je eigene Weise selbst zu gehen, die gedanklichen und sprachlichen Schritte des Textes selbst zu machen und die Einsichten und Klärungen, die sich aus ihnen ergeben, selbst zu entwickeln. Die sehr persönliche, kenntnisreiche Auswahl umfasst Texte aus sechs Jahrzehnten. Sie begleitet die Dichterin durch alle lyrischen Schaffensphasen bis hin zu ihrem jüngsten Band Gedichtverdacht, der 2019 bei roughbooks erschien, dem Verlag, der sich auf beispiellose Weise um Erbs Werk verdient gemacht hat.

Elke Erb liest an diesem Abend ihre Gedichte, und Maren Jäger spricht mit den HerausgeberInnen über Erbs Schreiben und ihren „zugewandten Umgang mit ausnahmslos allem, was der Fall ist“ (aus dem Nachwort).

Lesung & Gespräch mit Ben Lerner Autor, New York | Steffen Popp Autor, Berlin | Monika Rinck Autorin, Berlin

Mit No Art – Poems / Gedichte (Suhrkamp Verlag 2021) liegt das bisherige lyrische Werk von Ben Lerner (geboren 1979 in Topeka, Kansas) vollständig in deutscher Übersetzung vor. Es versammelt die drei mittlerweile berühmten Bände aus den 0er Jahren dieses Jahrhunderts: The Lichtenberg Figures (2004), Angle of Yaw (2006) und Mean Free Path (2010). Die ersten beiden Bücher wurden von Steffen Popp ins Deutsche übertragen, den jüngsten Band übersetzte Popp gemeinsam mit Monika Rinck.

Die Lichtenbergfiguren enthalten kunstvolle Sonettdemontagen. Es sind instabile Gebilde, in denen ein hintergründiges Spiel mit der kanonischen Form, Fachsprachen und Soziolekten getrieben wird. Der Titel bezieht sich auf Georg Christoph Lichtenberg und seine nach ihm benannte Entdeckung: die baum- oder farnförmigen Muster, die bei Hochspannungsentladungen auf oder in isolierenden Materialen entstehen. In dem zweiten Band Scherwinkel wird „das Ausscheren zum poetischen Prinzip“ erhoben (Steffen Popp). Der Band entführt die LeserInnen unter anderem in den Bereich der Aviatik und in schwindelerregende Höhen der Abstraktion. Mittlerer freier Weg dringt mit großer sprachlicher Kühnheit ins Subatomare vor. Lerner macht darin Fachbegriffe aus der statistischen Physik und der physikalischen Chemie für sein dichterisches Verfahren produktiv.

Parallel zur Publikation des Buches erscheint auch das TOLEDO-Journal von Steffen Popp. Es lädt dazu ein, in den Maschinenraum der Übersetzung einzutauchen und offenbart Einblicke in die verborgenen Assoziationsräume und Bilderwelten Ben Lerners: toledo-programm.de/journale

Am Tag der Buchpremiere liest Ben Lerner einige seiner Gedichte und spricht mit seinen ÜbersetzerInnen.

Veranstaltung in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln

Mit freundlicher Unterstützung durch das TOLEDO-Programm des Deutschen Übersetzerfonds.

„Langsamer Walzer durch eine aufblasbare Landschaft“ auf lyrikline.org hören