In der zwölften Veranstaltung der Reihe Das Gedicht in seinem Jahrzehnt begegnen sich die Dichter:innen Konstantin Ames (geboren 1979 in Völklingen) und Mara Genschel (geboren 1982 in Bonn). Gemeinsam mit dem Moderator Gregor Dotzauer durchqueren sie die zurückliegenden Jahrzehnte von den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen. Auf diese Weise entsteht eine sehr persönliche, lebendige Dichtungsgeschichte.

Gefördert im Rahmen von NEUSTART KULTUR im Programmteil KULTUR.GEMEINSCHAFTEN aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung der Länder.

In der elften Veranstaltung der Reihe Das Gedicht in seinem Jahrzehnt begegnen sich die Dichterinnen Martina Hefter (geboren 1965 in Pfronten, Allgäu) und Sabine Scho (geboren 1970 in Ochtrup). Gemeinsam mit dem Moderator Gregor Dotzauer durchqueren sie die zurückliegenden Jahrzehnte von den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen. Auf diese Weise entsteht eine sehr persönliche, lebendige Dichtungsgeschichte.

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Gefördert im Rahmen von NEUSTART KULTUR im Programmteil KULTUR.GEMEINSCHAFTEN aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Kulturstiftung der Länder.

In Lesung und Gespräch: Martina Hefter | Sabine Scho

Moderation: Gregor Dotzauer

In der zehnten Veranstaltung der Reihe Das Gedicht in seinem Jahrzehnt begegnen sich die Dichter:innen Anna Hetzer (geboren 1986 in Berlin) und Jayne-Ann Igel (geboren 1954 in Leipzig).

Zwei Dichter:innen, zwei Generationen und fünf Jahrzehnte der Dichtung – gemeinsam mit dem Moderator Gregor Dotzauer durchqueren Hetzer und Igel die zurückliegenden Jahrzehnte von den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen. Auf diese Weise entsteht eine sehr persönliche, lebendige Dichtungsgeschichte.

In Lesung und Gespräch: Anna Hetzer | Jayne-Ann Igel

Moderation: Gregor Dotzauer

Lesung & Gespräch mit Yevgeniy Breyger Dichter, Frankfurt am Main | Michael Lentz Dichter, Berlin | Moderation Gregor Dotzauer Literaturkritiker, Berlin

In der neunten Veranstaltung der Reihe Das Gedicht in seinem Jahrzehnt begegnen sich die Dichter Yevgeniy Breyger (geboren 1989 in Charkiw, Ukraine) und Michael Lentz (geboren 1964 in Düren).

Zwei Dichter, zwei Generationen und fünf Jahrzehnte der Dichtung – gemeinsam mit dem Moderator Gregor Dotzauer durchqueren Breyger und Lentz die zurückliegenden Jahrzehnte von den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen. So entsteht eine sehr persönliche, lebendige, von komplizenhafter Erfahrung gesättigte Dichtungsgeschichte, die sich in einem konzentrierten Gespräch entfaltet.

Seitdem er im Jahr 2000 ins Leben gerufen wurde, feiern wir ihn gemeinsam: den UNESCO-Welttag der Poesie. AutorInnen aus verschiedenen Teilen der Welt lesen ihre Texte im Original – dazu erklingen die deutschen Übersetzungen.

Der UNESCO-Welttag der Poesie würdigt den Stellenwert der Poesie, die Vielfalt des Kulturguts Sprache und die Bedeutung mündlicher Traditionen. Seit er vor 22 Jahren zum ersten Mal initiiert wurde, organisiert das Haus für Poesie gemeinsam mit seinen PartnerInnen die zentrale Veranstaltung in Deutschland.

In diesem Jahr sind auf der Bühne zu erleben: Der syrisch-palästinensische Dichter Ramy Al-Asheq, der inzwischen in Berlin lebt. Athena Farrokhzad, geboren in Teheran, lebt in Stockholm. Sie verschmilzt in ihrer Dichtung lyrische, politische und konzeptuelle Verfahren. Endre Kukorelly hält den poetischen Spagat zwischen Ungarn und Deutschland, sowie Daryna Gladun, Dichterin aus der Ukraine, und Mirko Bonné, dessen Texte präzise und subtil Schönheit wie Zerstörung unserer Welt fassen.

Unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission

Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Hauses für Poesie und der Deutschen UNESCO-Kommission, der Akademie Schloss Solitude, dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD, der Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf sowie dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia

Mit freundlicher Unterstützung des Collegium Hungaricum Berlin

Die Veranstaltung fand am 21. März statt und wurde aufgezeichnet.

José Lezama Lima (geboren 1910 in Havanna, gestorben 1976 ebenda), der Unbewegliche Wanderer, wie er sich selbst nannte, ist ein Jahrhundertdichter. Neben Alejo Carpentier ist er der große Meister des lateinamerikanischen Neobarocks, das durch eine ironisch überorchestrierte, mit Neologismen angereicherte Sprache, große Gelehrsamkeit und eine sich endlos verzweigende Syntax gekennzeichnet ist. Um ein Äquivalent dafür zu finden, müsste man in der deutschen Literaturgeschichte bis zu Jean Paul zurückgehen.

Mit Mitte 20 schrieb Lezama Lima das heute legendäre Gedicht „Tod des Narziss“, welches anhebt mit dem Vers: „Danae webt die vom Nil vergoldete Zeit“. Es folgten zahlreiche Gedichtbände und Essays, die den Ruhm des Autors stetig mehrten, obwohl er aufgrund seiner Homosexualität in Castros Kuba alsbald in Ungnade fiel. Sein Gesamtwerk wurde gekrönt mit einem Roman-Diptychon, das, laut Julio Cortázar, alle Gattungen mischt und transzendiert: „Paradiso“ und das posthum erschienene „Inferno. Oppiano Licario“. Die ZEIT urteilte über die deutsche Übersetzung von „Paradiso“: „ein irrer Ziegel, den niemand versteht – ein Klassiker.“

Die Übersetzer Léonce W. Lupette und Klaus Laabs sprechen über die damalige und heutige Bedeutung von Lezama Lima und berichten von der Unmöglichkeit, ihn zu übersetzen.

Mit freundlicher Unterstützung des Instituto Cervantes

Die Veranstaltung fand am 14. März im Haus für Poesie statt und wurde aufgezeichnet. Die Aufzeichnung zeigen wir am 21. April ab 19.30 Uhr.

Lesung & Gespräch mit Polina Barskova Dichterin, Berkeley | Daniel Jurjew Übersetzer und Schriftsteller, Frankfurt am Main | Olga Martynova Dichterin und Übersetzerin, Frankfurt am Main | Moderation Steffen Popp Dichter und Übersetzer, Berlin

Jelena Schwarz (geboren 1948 in Leningrad, gestorben 2010 in Sankt Petersburg) galt als wichtigste Lyrikerin der inoffiziellen Lyrikszene in Petersburg. Ihr Freund, der Dichter Oleg Jurjew, stellte sie in eine Reihe mit DichterInnen wie Alexander Block, Ossip Mandelstamm, Anna Achmatowa oder Marina Zwetajewa. Unter Intellektuellen und SchriftstellerInnen fanden ihre Gedichte zunächst Verbreitung als gebundene Schreibmaschinenkopien, den sogenannten Samisdatbüchern. Mitte der 1980er Jahre erschien Schwarz‘ erster Gedichtband in den USA. In ihrer Heimat wurden ihre Gedichte erst nach der Perestroika gedruckt.

In ihren Texten verbindet Schwarz Verspieltheit mit äußerster Strenge. Sie wusste, die eigentliche Subversion besteht in der Wahrung der Form (einmal sogar mit ironischem Rückgriff auf die Regelpoetik des französischen Klassizismus). Die letzten Dinge werden in ihren Gedichten verhandelt, existentiell und heiter zugleich. Die Röntgenaufnahme ihres Schädels wird genauso selbstverständlich bedichtet wie eine Müllhalde oder das Liebesleben der Zarin Katharina II. Ihr zentrales Thema ist die Begegnung von Mensch und Schöpfergott. Schwarz spricht dabei durch Masken, benutzt antike Mythen und historische Stoffe als Folien.

Schwarz‘ Gedichte wurden das erste Mal in den 1990er Jahren ins Deutsche übersetzt. Jetzt liegt mit „Buch auf der Fensterbank und andere Gedichte“ (Matthes & Seitz 2022) eine großzügige Auswahl aus ihrem Gesamtwerk vor, die von Daniel Jurjew herausgegeben und übersetzt wurde.

Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen

Quelle YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=SzCHhVXkOKY&t=25s

Mit Klaus-Jürgen Liedtke Übersetzer und Herausgeber | Peter Borum Herausgeber und Literaturwissenschaftler, Kopenhagen | Daniel Falb Dichter, Berlin | Mette Moestrup Dichterin, Kopenhagen | Moderation Maren Jäger Literaturwissenschaftlerin, Berlin

Inger Christensen (geboren 1935 in Vejle, gestorben 2009 in Kopenhagen) war und ist gewiss die Dichterin der letzten Jahrzehnte, die gemeinsam mit Friederike Mayröcker am meisten verehrt wird. Niemand, der dabei war, wird ihre Lesungen vergessen, das weiche Deutsch, die leichte, sich hebende Sprachmelodie. Das beschwörende „die aprikosenbäume gibt es, die aprikosenbäume gibt es“. Nicht allein mit ihren Texten, auch mit ihrer Stimme stellte sie ihre Fragen an die Welt, buchstabierte sie das „alfabet“ der Erkenntnis. Zu hören ist sie auf vielen Aufnahmen, u.a. auf lyrikline.org, zu lesen in schönen Bänden, die vor allem im verdienstvollen Kleinheinrich Verlag herausgegeben wurden.

Gedichte, Erzählungen und Essays aus dem Nachlass versammelt ein Band, den Klaus-Jürgen Liedtke im Kleinheinrich Verlag jüngst veröffentlichte: „Sich selber sehen möchte die Welt“, mit Bildern von Olav Christopher Jenssen. Etliche der Texte schrieb sie auf Deutsch, andere hat Klaus-Jürgen Liedtke nun übersetzt.

Eröffnet wird der Band programmatisch mit Texten an Thomas Kling und Oskar Pastior: „Tote sprechen mit anderen Toten“, beschlossen mit Moments musicaux: Messiaen, Bach, Schubert, Strawinsky lösen Momente der Erinnerung aus. Um Erinnerung, um Archiv und um Weiterwirken wird es in Gespräch und Lesung gehen. Der Herausgeber des Bandes Klaus-Jürgen Liedtke, Peter Borum, der Sohn von Inger Christensen und Hüter ihres Nachlasses, sowie die DichterInnen Daniel Falb und Mette Moestrup lesen Texte und sprechen mit Maren Jäger darüber, wie einflussreich das Werk von Inger Christensen für ihr Schreiben war und ist.

Mit freundlicher Unterstützung der Königlich Dänischen Botschaft und ECHOO Konferenzdolmetschen

Lesung & Gespräch mit Tobias Schwartz Schriftsteller und Übersetzer, Berlin | Gudrun Weiland Literaturwissenschaftlerin, Greifswald | Heidi König-Porstner Übersetzerin, Wien | Moderation Manuela Reichart Literaturkritikerin, Berlin

Warum jetzt? Warum nicht früher? Sie sind Schwestern im Geiste, im Verlangen nach Freiheit und Selbstbestimmung, nach Bildung und Lust. Sie waren Nonne, Spionin, freie Autorin, Gelehrte, Reisende, sie schrieben über Liebe, Kolonialismus, Gendertrouble, Tod und Krieg. Sie lebten im 17. Jahrhundert in Greifswald, London, Mexiko. Sie sind veritable Dichterinnen und Feministinnen avant la lettre – und sie waren zu lange, ja was? Verdeckt unter Textbergen aus männlicher Feder? Nicht publiziert, weil kein Interesse und kein Geld zu verdienen?

Völlig unbekannt waren sie nicht, es erschienen zuweilen Publikationen. Virginia Woolf rühmte Aphra Behn in „Ein Zimmer für sich allein“, Octavio Paz verfasste eine Biografie über Sor Juana, die verfilmt wurde, und Sibylla Schwarz nannte man „die pommerische Sappho“. Jetzt allerdings ist auffällig, dass Bestrebungen sich kreuzen: Im Konkursbuch-Verlag erschien 2017 Sor Juana Inés de la Cruz, Nichts Freieres gibt es auf Erden. Übersetzt und Herausgegeben von Heidi König-Porstner, im Aviva-Verlag, Aphra Behn: „Ich lehne es ab, meine Zunge im Zaum zu halten“, übersetzt und herausgegeben von Tobias Schwartz. Secession publizierte 2021 Sybilla Schwarz: „Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden“, herausgegeben von Gudrun Weiland. Erwähnt sei unbedingt auch die Werkausgabe von Sibylla Schwarz bei Reinecke & Voss.

Der Abend versammelt die HerausgeberInnen und ÜbersetzerInnen, die im Gespräch mit der Moderatorin Manuela Reichart das überraschende und reiche Werk, die Geschichte ihres Vergessens und Erinnerns und die Frage, warum jetzt das große Interesse virulent ist, diskutieren – und Texte lesen.

Der Literaturkritiker und Dichter Nico Bleutge hat für uns „seine“ besten Lyrikdebüts des Jahres 2021 ausgewählt. Er begründet seine Auswahl wie folgt:

Ronya Othmann faltet in ihrem Gedichtband „verbrechen“ (Carl Hanser Verlag) ein Gelände voller Narben auf. Ein „müdes, müdes land“, wie es einmal heißt, das andernorts den Namen Kurdistan trägt. Ihre genau rhythmisierte Sprache löst Grenzen auf und verbindet eigene Erinnerungssuche mit historischer Recherche: „als sähest du dir fotos an, die jemand durch ein / autofenster geschossen hat und in denen sich ein polster, / ein kopf, ein arm im himmel spiegeln“.

Eine Wunderkammer voller Sprachspiele auf den Spuren von Oulipo & Co. – das ist Hannes Fuhrmanns „Wunderschöner Berg“ (poetenladen Verlag). Mithilfe selbstgesetzter Regeln zerlegt er Gedichte von Friederike Mayröcker oder Dagmara Kraus bis auf die letzten Buchstaben – und schafft sich so Material und Raum für eigene Findungen: „dichtes Gestrüpp, Stab Stab, Fehlgestrüpp fingerdick / Dickichtweiß, vom Blatt gelesen: dichtes Schichtweiß“.

Der Titel deutet es schon an: Ingrid Mylo geht in „Überall wo wir Schatten warfen“ (edition AZUR im Verlag Voland & Quist) verdeckten Orten und den blinden Flecken in der Wahrnehmung nach. Dabei nimmt sie bekannte poetische Muster und lädt sie neu auf. Hier können Gedichte den Blick freibrennen, um von Staub zu sprechen, von Müdigkeit und von den Rissen der Liebe – „während die Bilder / zerfallen wie Schmetterlingsflügel“.

Die DebütantInnen lesen aus ihren Büchern und werden von Nico Bleutge dazu befragt.

Es ist wie Atlantis in echt: Doggerland lag zwischen der Britischen Insel und Dänemark, war besiedelt vor ca. 11.0000 Jahren und wurde vor ca. 8000 Jahren überflutet. Die Menschen flohen. Bestürzend ist die klimatische Spiegelung in der Gegenwart.

Ulrike Draesner liest aus doggerland. Mit Luc Amkreutz, der im Nationalen Museum für Altertümer der Niederlande die Ausstellung „Doggerland“ verantwortete, und dem Moderator Asmus Trautsch spricht sie über die historischen und höchst aktuellen Verschränkungen von Menschen- und Sprachengeschichte, von feministischen Korrekturen eingeschriebener Überlieferung und von poetisch präziser Verantwortung.

Mit freundlicher Unterstützung der Botschaft des Königreichs der Niederlande in Berlin und des Penguin Verlags

Lesung & Gespräch mit Dagmara Kraus Dichterin, Hildesheim | Ferdinand Schmatz Dichter, Wien | Moderation Gregor Dotzauer Literaturkritiker, Berlin

In der achten Veranstaltung der Reihe „Das Gedicht in seinem Jahrzehnt“ begegnen sich die DichterInnen Dagmara Kraus (geboren 1981 in Wrocław) und Ferdinand Schmatz (geboren 1953 in Niederösterreich).

Zwei DichterInnen, zwei Generationen und fünf Jahrzehnte der Dichtung – gemeinsam mit dem Moderator Gregor Dotzauer durchqueren Dagmara Kraus und Ferdinand Schmatz die zurückliegenden Jahrzehnte von den siebziger Jahren bis in die Gegenwart. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Von Diether Roth bis Inger Christensen, von Nichita Stănescu bis Mila Haugová. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen. So entsteht eine sehr persönliche, lebendige, von komplizenhafter Erfahrung gesättigte Dichtungsgeschichte, die sich in einem konzentrierten Gespräch entfaltet.

Mit freundlicher Unterstützung des Österreichischen Kulturforums Berlin

Die Dichterin Róža Domašcyna (geboren 1951 in Zerna) wird immer wieder als Nomadin zwischen wendischer und deutscher Sprachwelt beschrieben. Neben dem Schriftsteller Kito Lorenc gilt sie als die wichtigste Stimme auf diesem Gebiet des zweisprachigen Dichtens. Innerhalb der wendischen Sprache wird zwischen Ober- und Untersorbisch unterschieden. Sie zählt wie auch das Polnische oder Tschechische zur Gruppe der westslawischen Sprachen. Domašcyna schreibt im kunstvollen Wechsel zwischen obersorbischem Wendisch und Deutsch. Ihre Gedichte, in denen immer wieder die Dörfer ihrer Lausitzer Heimat aufscheinen, bewegen sich dabei jenseits aller Heimatfolklore. Die Verse dieser „sanft radikalisierten Lyrikerin“ kommen ohne Weichzeichner aus. Ihre Phantasie entzündet sich an „vokabulären Reizen, fremden Lauten, bizarren Wörter-Funden“ (Michael Braun).

Domašcyna, die größere Bekanntheit erst nach 1990 erlangte, veröffentlicht Bücher seit den 1970er Jahren. Sie tragen Titel wie „Zaungucker“ (Janus Press), „Zwischen gangbein und sprungbein“, „ort der erdung“ (Projekte-Verlag Cornelius) oder zuletzt „stimmen aus der unterbühne“ (Poetenladen).

Der Dichter Hans Thill geht gemeinsam mit Róža Domašcyna durch ihr Werk und befragt sie dazu.

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Das Haus für Poesie präsentiert eine Auswahl der aufregendsten Beiträge des ZEBRA Poetry Film Festivals 2020 und 2021. Die Filme beschäftigen sich mit den Themen Menschenrechte, Gleichberechtigung und Widerstand. Sie beschreiben, wie eine Nation auf dem Weg ist, den öffentlichen Raum und desgleichen ihre Rechte zurückerobert, oder sie konzentrieren sich auf das tabuisierte Thema obdachloser Jugendlicher. Wütend berichten FilmemacherInnen über die nicht enden wollenden Auswirkungen von Rassismus, sozialer Ungerechtigkeit und desaströsem Kapitalismus. Es wird ein emotionsgeladener Abend mit kraftvollen Spoken Words und bewegenden Gedichten.

Die Gedichte der Poesiefilme im Programm stammen u. a. von Ahmed Abdul Raqeeb Alkhulaidi, Denice Frohman, Cindy Hunter Morgan, Hind Shoufani, Stephen James Smith und Avery R. Young.

Filme

INCIDENT ON GRAND RIVER, 1967
USA 2020 | 3 Min.          
Regie: Pete Johnston
Gedicht: Incident on Grand River, 1967 
Dichterin: Cindy Hunter Morgan

Rassismus und soziale Ungerechtigkeit führten 1967 zu den Detroit Riots: 43 Todesopfer, 5.000 Menschen ohne Obdach. Das Gedicht erzählt vom geplünderten Laden der Großmutter. Am Schluss: ein junger Afroamerikaner in der Uniform der Nationalgarde. Paradoxien der Geschichte.
EMMET (TIL DE REMIX)
USA 2019 | 6 Min.
Regie: Masahiro Sugano
Gedicht: Emmett
Dichter: Avery R. Young

Dieser Spoken-Word-Film ehrt die Poesie, das Leben und den Aufbau von Bewegungen. Dies gilt sowohl für den Dichter als auch für die Menschen, die vor ihm kamen und nach ihm kommen werden – die den Mächtigen die Wahrheit sagen und die immer auf der Seite von Gerechtigkeit, Gleichheit sowie Freiheit kämpfen werden.

WADE IN THE WATER
USA 2020 | 10 Min.
Regie: David Bianchi
Gedicht: Wade in the Water von David Bianchi, Joivan Wade, Llewellyn C. Radford

Düstere, formstrenge Inszenierung von drei Spoken-Word-Gedichten über den andauernden Rassismus in den USA. Was, wenn das alte Spiritual immer neu gesungen werden muss – man soll auf der Flucht durch Wasser waten, damit einen die Hunde der Weißen nicht entdecken?

WHAT IF?
IRL 2019 | 5 Min.
Regie: Simon Daniels
Gedicht: What If?
Dichter: Stephen James Smith

Dieses Spoken-Word-Gedicht konzentriert sich auf das tabuisierte Thema der jugendlichen Obdachlosigkeit, die sich oft als Couch-Surfen ausgibt.

SEMI-AUTOMATIC PANTOUM
USA 2019 | 6 Min.
Regie: Matt Mullins
Gedicht: Semi-Automatic Pantoum
Dichter: Chris Green

In dieses Gedicht sind Kugeln eingearbeitet. Besser Sie bleiben zu Hause. Ein Videopoem gegen Waffengewalt, das in Zusammenarbeit mit der Poetic Justice League of Chicago entstanden ist.

IF 2017 WAS A POEM TITLE
USA 2020 | 5 Min.
Regie: Matthew Thompson
Gedicht: If 2017 was a poem title
Dichterin: Mahogany L. Browne

Wütendes Spoken-Word-Gedicht von Mahogany L. Browne über die nicht enden wollenden Auswirkungen von Rassismus und sozialer Ungerechtigkeit. Performt mit Wucht und maximalem Style in Midtown Manhattan, der Burg des weißen Geldes.

PUERTOPIA
USA 2020 | 2 Min.
Regie: Matthew Thompson
Gedicht: Puertopia
Dichterin: Denice Frohman

Auf und ab geht Denice Frohman, auf einem Feld für Tennis, Basketball, Squash. Ein Ort, an dem man gegen sich selbst spielen kann. Poetry Clip über die Desaster des Kapitalismus in Puerto Rico, über den Ausverkauf eines ganzen Landes.

NO WORDS
GBR + YEM + QAT 2020 | 5 min
Regie: Mariam Al-Dhubhani
Gedicht: No Words
Dichter: Ahmed Abdul Raqeeb Alkhulaidi

Taiz, Jemen, heute: Fish-Eye-Aufnahmen, wie von Drohnen oder Überwachungskameras, runden sich zu geometrischen Formen. Halb fertige Häuser, zwischen denen Menschen gehen, auf Türschwellen sitzen. Als Kontrapunkt Gedichtzeilen über die Unsagbarkeit der Dinge.

WE TAKE BACK MOUNTAINS
LBN 2019 | 8 Min.
Regie: Hind Shoufani
Gedicht: We Take Back Mountains
Dichterin: Hind Shoufani

Vom Volksaufstand im Libanon und überwältigenden Emotionen inspiriert, beschreibt der Film, wie eine Nation auf dem Weg ist, den öffentlichen Raum und ihre Rechte zurückzuerobern. Das Gedicht ehrt die Auflehnung des Volkes gegen die Kriegsherren, die Beirut nach dem Bürgerkrieg in den Abgrund gestürzt haben.

Mit Ali Abdollahi Dichter und Übersetzer, Berlin | Max Czollek Dichter, Berlin | Daniela Danz Dichterin, Kranichfeld | Moderation Jan Wagner Dichter, Berlin

Ausstrahlung der aufgezeichneten Buchpremiere vom 1. Dezember 2021.

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„Wetterumschlag. Eher als die anderen haben wir gerufen /
wir ernteten nur Dunkelheit / und die Umbenennung eines Platzes.“

Sprache gehört zu den wenigen Besitztümern, die man in ein anderes Land mitnehmen kann. Ali Abdollahi, Dichter, Übersetzer ins Deutsche, Vermittler zwischen den Kulturen, hat sie aus Iran mit nach Berlin genommen, wo er seit zwei Jahren lebt. Kürzlich erschien in der Reihe Kontinentaldrift der von ihm herausgegebene Band Das Persische Europa (Verlag Das Wunderhorn 2021). Er versammelt Texte von 35 im Exil lebenden DichterInnen.

Nun erscheint Ali Abdollahis erster Gedichtband Wetterumschlag auf Deutsch und Persisch im Secession Verlag – und wir feiern die Premiere mit dem Autor und ÜbersetzerInnen, mit NachdichterInnen und WeggefährtInnen. Die Gedichte von Ali Abdollahi sind wie staunende Erkundungen in seine Lebenswelt, wo Häuser „kleine Inseln der Freiheit / im Ozean der Tyrannei“ sein können. Alles, was ihn umgibt, was ihn berührt, kann zum Gegenstand seiner Lyrik werden. „In einem dieser Häuser / las ich meine besten Bücher“. Dabei zieht er die LeserInnen mit seinen außerordentlich präzisen Beschreibungen in den Bann. Kassiber aus einer zurückgelassenen Welt, Gedichte als „eine Zündschnur nur für die flüsternden Vulkane“.

Jan Wagner spricht mit Ali Abdollahi, Max Czollek und Daniela Danz über die Wetterumschläge beim Schreiben, beim Übersetzen – und beim Ankommen in einem anderen Land.

Zu der onlinebasierten „Umbau/Neubau¬-Konferenz“ trafen sich vom 15.11. bis 15.12. Vertreter:innen der verschiedenen Arbeitsbereiche des Netzwerk Lyrik zu Werkstattgesprächen, um gemeinsame Bewegungslinien, Positionen und Projekte zu entwickeln. Gerahmt wurde dieser Konferenzreigen von einer Vorstellung der neuen AG „Spokenword“. Zweimal fünf Spokenword-Künstler*innen waren ins Studio eingeladen, um einen Ausschnitt aus ihrem Werk zu präsentieren und einen Eindruck der Vielfalt der künstlerischen Positionen zu vermitteln, die unter diesem Begriff zusammenkommen. Außerdem werden Auszüge aus dem ersten großen Projekt der AG Spokenword verlesen, dem „Hausacher Protokoll“, Aufschlag einer poetologischen Selbstbestimmung des deutschsprachigen Spokenword, verfasst im Rahmen des Hausacher Leselenz im August 2021.

Künstler*innen:
ተመስገን ተስፉ (Temye Tesfu)
Danielle de Picciotto
Josefine Berkholz
Arielle Cottingham
Wolf Hogekamp

Moderation: Samuel J. Kramer
Schnitt: Studio 57Nord

Unterzeichner*innen des Hausacher Protokolls: Danielle de Picciotto, Dean Ruddock, Dirk Hülstrunk, Josefine Berkholz, Ken Yamamoto, Miedya Mahmod, Samuel J. Kramer, Tanasgol Sabbagh, ተመስገን ተስፉ (Temye Tesfu), Timo Brunke

Die AG Spokenword (unter Leitung von Timo Brunke und Josefine Berkholz) dankt dem Netzwerk Lyrik e.V. und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien für die Unterstützung.

Lesung & Gespräch mit Hans Thill (Dichter, Heidelberg) | Uljana Wolf (Dichterin, Berlin) | Moderation: Gregor Dotzauer (Literaturkritiker, Berlin)

In der siebten Veranstaltung der alten/neuen Reihe „Das Gedicht in seinem Jahrzehnt“ begegnen sich die DichterInnen Uljana Wolf (geboren 1979 in Berlin) und Hans Thill (geboren 1954 in Baden-Baden).

Das Haus für Poesie feiert seinen 30. Geburtstag und lässt eine Veranstaltungsreihe aus den Anfangstagen neu aufleben. Unter der Überschrift „Das deutsche Gedicht in der 2. Hälfte des XX. Jahrhunderts“ lud der Schriftsteller Karl Mickel Anfang der 90er Jahre LyrikerInnen ein, eigene und fremde Gedichte aus den vergangenen drei Jahrzehnten auszuwählen und zu diskutieren.

In der Neuauflage treffen jeweils zwei DichterInnen aus unterschiedlichen Generationen aufeinander, die gemeinsam die zurückliegenden Jahrzehnte bis in die Gegenwart durchqueren. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen.

Mit Elke Erb Autorin, Berlin | Steffen Popp Autor, Berlin | Monika Rinck Autorin, Berlin | Moderation Maren Jäger Literaturwissenschaftlerin, Berlin

Die Dichterin Elke Erb wird Ende Oktober mit dem bedeutendsten deutschen Literaturpreis ausgezeichnet: dem Georg-Büchner-Preis. In der Jury-Begründung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung heißt es, Erb gelinge es wie keiner anderen, „die Freiheit und Wendigkeit der Gedanken in der Sprache zu verwirklichen, indem sie sie herausfordert, auslockert, präzisiert, ja korrigiert“. Zeitgleich zur Preisverleihung erscheint mit Das ist hier der Fall in der Bibliothek Suhrkamp eine großzügige Auswahl ihrer Gedichte, die von Monika Rinck und Steffen Popp herausgegeben wird. Sich auf Gedichte von Elke Erb (geboren 1938 in Scherbach) einzulassen bedeute, so die HerausgeberInnen in ihrem gemeinsamen Nachwort, auf eine je eigene Weise selbst zu gehen, die gedanklichen und sprachlichen Schritte des Textes selbst zu machen und die Einsichten und Klärungen, die sich aus ihnen ergeben, selbst zu entwickeln. Die sehr persönliche, kenntnisreiche Auswahl umfasst Texte aus sechs Jahrzehnten. Sie begleitet die Dichterin durch alle lyrischen Schaffensphasen bis hin zu ihrem jüngsten Band Gedichtverdacht, der 2019 bei roughbooks erschien, dem Verlag, der sich auf beispiellose Weise um Erbs Werk verdient gemacht hat.

Elke Erb liest an diesem Abend ihre Gedichte, und Maren Jäger spricht mit den HerausgeberInnen über Erbs Schreiben und ihren „zugewandten Umgang mit ausnahmslos allem, was der Fall ist“ (aus dem Nachwort).

FR 30.6. | 19.30 Uhr

Lyrikkritikvideos von Noha Abdelrassoul (Saarbrücken) | Alexander Estis (Aarau) | Ricarda Fait (Berlin) | Mariëlle Matthee (Leiden/Berlin) | May Mergenthaler (Columbus, OH/Berlin) | Martin Piekar (Frankfurt) | Şafak Sarıçiçek (Heidelberg) | Erec Schumacher (Berlin) | Lilith Tiefenbacher (Berlin) | Moderation: Asmus Trautsch (Berlin)

„Man ist eigentlich nie auf der sicheren Seite: nicht im Dichten und nicht in der Kritik“, so Roberto Galaverni, der Lyrikkritiker des Corriere della Serra, der den letzten Workshop der Akademie leitete. Vielleicht hat die neuere Entwicklung in Sachen Lyrik und Kritik diese zutreffende Einsicht in der Kritiklandschaft verstärkt. In Italien ist jedenfalls wie in Deutschland die Zeit der sogenannten Großkritiker, die die Lyrikdebatten des 20. Jahrhunderts prägten, vorbei. Und wie hier ist im Zuge der Digitalisierung die lyrikkritische Öffentlichkeit diverser, unübersichtlicher und qualitativ durchmischter geworden: Mehr Menschen aus unterschiedlichen Kontexten reagieren reflektierend und urteilend auf Dichtung. Zeit, sich die zeitgenössische Poesie Italiens genauer anzuschauen. Das haben die TeilnehmerInnen der Akademie für Lyrikkritik gemacht, die zum Halbjahresabschluss des Hauses für Poesie ihre vorerst letzten Videolyrikkritiken mit Landesfokus vorstellen. Nach der Sommerpause wird die Akademie im September mit intermedialen Perspektiven fortgesetzt.

Die Akademie für Lyrikkritik am Haus für Poesie wird aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert. Mit freundlicher Unterstützung vom Italienischen Kulturinstitut Berlin und Literaturport.

Autorin Lubi Barre, geboren 1982 in Paris, im Interview mit Acèle Nadale im Kontext des Projekts „Unerhörte Poesie: Das Schwarze Europa“.
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Initiiert vom Haus für Poesie, erscheint im Sommer 2021 im Verlag Das Wunderhorn eine Anthologie, die 32 in Europa geborene oder in Europa (literarisch) sozialisierte DichterInnen in deutscher Übersetzung vorstellt. Die Anthologie stellt die Texte in einen gemeinsamen Kontext, der sich nicht auf das Schwarzsein beschränkt. Vier in der Anthologie vertretene DichterInnen kommen beim poesiefestival berlin zusammen.

Lyrikkritikvideos von Noha Abdelrassoul (Saarbrücken) | Alexander Estis (Aarau) | Ricarda Fait (Berlin) | Mariëlle Matthee (Leiden/Berlin) | Regina Menke (Hildesheim) | May Mergenthaler (Columbus, OH/Berlin) | Martin Piekar (Frankfurt) | Şafak Sarıçiçek (Heidelberg) | Erec Schumacher (Berlin) | Lilith Tiefenbacher (Berlin) | Moderation: Asmus Trautsch (Berlin)

Während in Deutschland die Lyrikkritik neuerdings auf Plattformen wie fixpoetry und Sendungen im Öffentlichen Rundfunk verzichten muss, gibt es in Schweden gut finanzierte selbständige Organe der Lyrikkritik und -diskussion. Das ist nicht zuletzt Magnus William-Olsson, dem Stockholmer Dichter und Lyrikkritiker zu verdanken, der die Rolle der Digitalisierung für die Lyrikkritik früh diskutiert und zu nutzen verstanden hat. Kein Wunder, dass auch die Formen der Kritik und der Strukturwandel ihrer Öffentlichkeit im nordischen EU-Land eingehend reflektiert werden. Zu ihnen gehören genau lesende und urteilende Übersetzungen oder freie Seminare und Labore als soziale Formen poetischer Aufmerksamkeit, die auch die Berliner Akademie für Lyrikkritik pflegt. Die Früchte solch gemeinsamen Nachdenkens mit Blick auf schwedische Gegenwartslyrik werden an diesem Abend in neuen Videolyrikkritiken präsentiert. Roberto Galaverni wirft zudem einen kurzen Blick auf die italienische Lyrikkritik der Gegenwart.

Die Akademie für Lyrikkritik am Haus für Poesie wird aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert. Mit freundlicher Unterstützung von der Schwedischen Botschaft und Literaturport.

Mit Max Czollek Dichter, Berlin Uwe Kolbe Dichter, Dreseden | Moderation: Gregor Dotzauer Literaturkritiker, Berlin

In der fünften Veranstaltung der alten/neuen Reihe Das Gedicht in seinem Jahrzehnt begegnen sich die Dichter Uwe Kolbe (geboren 1957 in Ost-Berlin) und Max Czollek (geboren 1987 in Ost-Berlin).

Das Haus für Poesie feiert seinen 30. Geburtstag und lässt eine Veranstaltungsreihe aus den Anfangstagen neu aufleben. Unter der Überschrift Das deutsche Gedicht in der 2. Hälfte des XX. Jahrhunderts lud der Schriftsteller Karl Mickel Anfang der 90er Jahre LyrikerInnen ein, eigene und fremde Gedichte aus den vergangenen drei Jahrzehnten auszuwählen und zu diskutieren.

In der Neuauflage treffen jeweils zwei DichterInnen aus unterschiedlichen Generationen aufeinander, die gemeinsam die zurückliegenden Jahrzehnte bis in die Gegenwart durchqueren. Sie wählen deutschsprachige und internationale Gedichte aus, die sie in einer bestimmten Zeit besonders geprägt haben. Hinzu kommen eigene Texte, die von dieser Prägung zeugen.

Gedichte (in alphabetischer Reihenfolge)
Ilse Aichinger: Winterantwort: Aus: Verschenkter Rat, S. Fischer Verlag 1991.
Ghayath Almadhoun: Wir. Deutsche Übersetzung: Larissa Bender. Aus: Ein Raubtier namens Mittelmeer, Arche Literatur Verlag 2018.
Thomas Brasch: Wie viele sind wir eigentlich noch. Aus: Poesiealbum 89, Verlag Neues Leben 1975.
Joseph Brodsky: Skizze. Deutsche Übersetzung: Sylvia List. Aus: Einem alten Architekten in Rom. Gedichte, Piper Verlag 1986.
Max Czollek: Als ich nicht wusste. Aus: Druckkammern, Verlagshaus Berlin 2012.
Daniela Danz: Overkill. Aus: Pontus, Wallstein Verlag 2009.
Mila Haugová : enge Zeit. Deutsche Übersetzung: Angela Repka. Aus: Sandatlas, Edition Korrespondenzen 2001.
Clemens Eich: Aufstehn und gehn. Aus: Aufstehn und gehn, S. Fischer Verlag 1980.
Uwe Kolbe: Male. Aus: Hineingeboren, Aufbau Verlag 1980.
Uwe Kolbe: Vom Zustand. Aus: Imago, S. Fischer Verlag 2020.
Björn Kuhligk: Fünfmal. Aus: Am Ende kommen Touristen, parasitenpresse 2000.
Björn Kuhligk: Berlin 5. Aus: Am Ende kommen Touristen, parasitenpresse 2000.
Christoph Meckel: Die Kirschbäume. Aus: Tarnkappe, Gesammelte Gedichte, Carl Hanser Verlag 2015.
Aras Ören : Was will Niyazi in der Naunynstraße. Aus: Berliner Trilogie, Verbrecher Verlag 2019.
Asher Reich: Meine Kindheit war. Deutsche Übersetzung: Andrea Schatz. Aus: Arbeiten auf Papier, Rowohlt Verlag 1992.
Evelyn Schlag: Curriculum vitae. Aus: Brauchst du den Schlaf dieser Nacht, Paul Zsolnay Verlag 2002.
Jan Skácel : Verbotener Mensch. Deutsche Übersetzung: Reiner Kunze. Aus: wundklee gedichte, S. Fischer Verlag 1982.
Rosmarie Waldrop: Auszug aus In a Doorway/In einem Torweg . Deutsche Übersetzung: Thomas Schestag. Aus: Hödlerlin-Hybride, roughbooks 2019.
Adam Zagajewski : Nach Lemberg fahren. Deutsche Übersetzung: Karl Dedecius. Aus: Die Wiesen von Burgund, Carl Hanser Verlag 2003.

Lyrikkritikvideos von Noha Abdelrassoul Saarbrücken | Alexander Estis Aarau | Ricarda Fait Berlin | Mariëlle Matthee Leiden/Berlin | Regina Menke Hildesheim | May Mergenthaler Columbus, OH/Berlin | Martin Piekar Frankfurt | Şafak Sarıçiçek Heidelberg | Erec Schumacher Berlin | Lilith Tiefenbacher Berlin | Moderation: Asmus Trautsch Berlin

Die russischsprachige Gegenwartslyrik speist sich, so Kirill Korchagin, vor allem aus dem Spannungsfeld zweier moderner Traditionen: dem Konzeptualismus und dem Metarealismus. Während die Konzeptualisten Diskursmaterial bearbeiten und die Sprecherposition in ein „Flimmern“ auflösen, sehen Metarealisten eher die Erweiterung der Darstellung der verflochtenen Elemente spätmoderner Wirklichkeit als Erkenntnisaufgabe zeitgenössischer Dichtung. Diese Strömungen produzieren vielfache Abweichungen und Transformationen. Neue Positionen entstehen, durch die Digitalisierung nicht nur in den Metropolen Moskau und St. Petersburg. Die wachsende Vielfalt der Lyrik aus Russland ist dank einiger ÜbersetzerInnen an herausragenden Beispielen im deutschsprachigen Raum nachvollziehbar. Die Akademie für Lyrikkritik nimmt diese faszinierende Poesie und ihre lyrikkritischen Debatten in den Blick und würdigt sie in Videos kritisch. Magnus William-Olsson spricht abschließend noch über performative Lyrikkritik in Schweden, dem nächsten Fokus-Land der Akademie.

Die Akademie für Lyrikkritik am Haus für Poesie wird aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert. Mit freundlicher Unterstützung von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung und Literaturport.

Mit Esther Kinsky Autorin, Berlin | Manfred Pfister Literaturwissenschaftler und Übersetzer, Berlin | Hanns Zischler Autor und Schauspieler, Berlin | Moderation: Wolfgang Hörner Verleger, Berlin

Der Dichter John Clare (geboren 1793 in Helpston, Northamptonshire, gestorben 1864 in Northampton) ist der bedeutendste britische Naturdichter des 19. Jahrhunderts. Obwohl er so prominente Fürsprecher fand wie Seamus Heaney und John Ashbery, erlangte er außerhalb Englands nie größere Bekanntheit. Clare war ein dichtender Tagelöhner und Hilfsgärtner, der die letzten Jahrzehnte seines Lebens in Anstalten für Geisteskranke verbrachte. Berühmt wurde er postum im Jahre 1920 mit dem Band Poems Descriptive of Rural Life and Scenery. Modischer Naturmystik und -frömmigkeit misstraute er genauso wie der Nomenklatur wissenschaftlicher Naturkunden. In seinen Gedichten, Aufzeichnungen und Briefen gab er stets dem lokalen, bildkräftigeren Dialektwort den Vorzug vor der standardsprachlichen Bezeichnung. Hinzu kam ein idiosynkratischer Umgang mit Grammatik und Orthografie, der sich keiner Regel unterwarf. Er war ein früher ökologisch-politscher Dichter, der die Moor- und Marschlandschaft des ländlichen Englands seiner Kindheit durch Ausbeutung und Modernisierung gefährdet sah. Insofern kann er durchaus als Vorläufer des heutigen Nature Writing gelten, auch wenn bei ihm die Bedrohung noch nicht vom Klimawandel ausging, sondern von den Agrarkrisen und den Bodenreformen des frühen 19. Jahrhunderts.

Über die heutige Bedeutung dieser Dichtung sprechen der Clare-Enthusiast Hanns Zischler sowie die Clare-ÜbersetzerInnen Esther Kinsky (Raunen des Winds und bebende Distel, Golden Luft Verlag 2020 und Reise aus Essex, Matthes & Seitz 2017) und Manfred Pfister (A Language That is Ever Green, Verlag Das kulturelle Gedächtnis 2021). Durch die Veranstaltung führt der Verleger Wolfgang Hörner.