Mit Esther Kinsky Autorin, Berlin | Manfred Pfister Literaturwissenschaftler und Übersetzer, Berlin | Hanns Zischler Autor und Schauspieler, Berlin | Moderation: Wolfgang Hörner Verleger, Berlin
Der Dichter John Clare (geboren 1793 in Helpston, Northamptonshire, gestorben 1864 in Northampton) ist der bedeutendste britische Naturdichter des 19. Jahrhunderts. Obwohl er so prominente Fürsprecher fand wie Seamus Heaney und John Ashbery, erlangte er außerhalb Englands nie größere Bekanntheit. Clare war ein dichtender Tagelöhner und Hilfsgärtner, der die letzten Jahrzehnte seines Lebens in Anstalten für Geisteskranke verbrachte. Berühmt wurde er postum im Jahre 1920 mit dem Band Poems Descriptive of Rural Life and Scenery. Modischer Naturmystik und -frömmigkeit misstraute er genauso wie der Nomenklatur wissenschaftlicher Naturkunden. In seinen Gedichten, Aufzeichnungen und Briefen gab er stets dem lokalen, bildkräftigeren Dialektwort den Vorzug vor der standardsprachlichen Bezeichnung. Hinzu kam ein idiosynkratischer Umgang mit Grammatik und Orthografie, der sich keiner Regel unterwarf. Er war ein früher ökologisch-politscher Dichter, der die Moor- und Marschlandschaft des ländlichen Englands seiner Kindheit durch Ausbeutung und Modernisierung gefährdet sah. Insofern kann er durchaus als Vorläufer des heutigen Nature Writing gelten, auch wenn bei ihm die Bedrohung noch nicht vom Klimawandel ausging, sondern von den Agrarkrisen und den Bodenreformen des frühen 19. Jahrhunderts.
Über die heutige Bedeutung dieser Dichtung sprechen der Clare-Enthusiast Hanns Zischler sowie die Clare-ÜbersetzerInnen Esther Kinsky (Raunen des Winds und bebende Distel, Golden Luft Verlag 2020 und Reise aus Essex, Matthes & Seitz 2017) und Manfred Pfister (A Language That is Ever Green, Verlag Das kulturelle Gedächtnis 2021). Durch die Veranstaltung führt der Verleger Wolfgang Hörner.