MO 10.5. | 19.30 Uhr
Lesung mit Volker Braun Dichter, Berlin

Volker Braun war bereits zu DDR-Zeiten ein Autor von gesamtdeutscher Wirkung. Die ostdeutschen Bühnen hat er durch seine Stücke und die Arbeit am Berliner Ensemble wie am Deutschen Theater maßgeblich geprägt. Als Lyriker sorgte er bereits mit seinem ersten Gedichtband Provokation für mich (Mitteldeutscher Verlag 1965) für Aufsehen und Aufruhr. Seitdem entwickelte er sich zu dem vielleicht sinnlichsten Ideen-Dichter deutscher Zunge, dessen Schreiben sich beharrlich gegen das „poetische Brutzeln des Seelenfetts“ und „den geistlosen Handbetrieb der Avantgarde“ richtet. Braun war am Anfang seines Schreibens ein im emphatischen Sinne politischer Autor und ist es geblieben.

Dieser Tage erscheint ein neuer Gedichtband von ihm: Große Fuge (Suhrkamp Verlag 2021). Der Band enthält Texte, die unter dem Aktualitätsdruck der Pandemie entstanden sind und die – wie immer bei Braun – keine Rücksicht auf die Anstandsregeln der politischen Korrektheit nehmen. Es geht um das Durchatmen im Anthropozän, den „fahlen Hauch“, der unsere Lungen touchiert, und den „Katarrh im Kulturbetrieb“. Es ist ein anspielungs- und zitatenreicher Streifzug durch die politische Landschaft, ein Sichten der holozänen Bestände, mit Gastauftritten von Angela Merkel, der Queen und Boris Johnson sowie Rückbezügen auf die Attische Seuche, der einst Perikles zum Opfer fiel. Es gibt aber auch immer wieder sehr persönliche, anrührende Episoden, imaginierte Wiederbegegnungen mit Jugendlieben oder dem vor über 20 Jahren verstorbenen Freund „St. Rudi“ Bahro.

Volker Braun liest Teile aus dem Abschnitt Große Fuge. Aggregat K.

Mit Omar al-Jaffal Autor und Journalist, Irak/Berlin | Volker Braun Autor, Berlin | Nancy Campbell Autorin, Vereinigtes Königreich | Angélica Freitas Dichterin, Brasilien/Berlin | Suvi Valli Autorin und Übersetzerin, Finnland | Moderation: Knut Elstermann Journalist, Berlin

Die Poesie feiern! Dafür hat die UNESCO im Jahr 2000 eigens einen Welttag eingerichtet. Er würdigt den Stellenwert der Poesie, die Vielfalt des Kulturguts Sprache und die Bedeutung mündlicher Traditionen. Von Beginn an organisiert das Haus für Poesie gemeinsam mit seinen Partnern die zentrale Veranstaltung in Deutschland.

In diesem Jahr versammeln sich online für dieses Fest der Dichtung: der irakische Dichter Omar al-Jaffal (geboren 1988), in dessen Texten sich Schmerz wie Zorn finden angesichts der Krisen unserer Zeit; Volker Braun (geboren 1939), der aus seinem neuen Langgedicht „Große Fuge“ liest; Nancy Campbell (geboren 1978), in ihren Gedichten unterwegs zu Gletschern, arktischen Schollen, Frost und Schnee; Angélica Freitas (geboren 1973), die kritisch und kraftvoll den weiblichen Körper ins Zentrum stellt; und Suvi Valli (geboren 1977), die eine enge Beziehung zur deutschen Literatur hat, insbesondere zur Epoche der Romantik.

Knut Elstermann, Journalist bei radioeins, stellt die Autoren und Autorinnen vor. Die deutschen Übersetzungen sind verfügbar.

Unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission.

Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Hauses für Poesie und der Stiftung Brandenburger Tor mit der Deutschen UNESCO-Kommission, der Akademie Schloss Solitude, dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD, dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia Bamberg und der Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf. 

CREDITS

Suvi Valli
Gedicht: Jälkikuvia („Nachbilder“), 2021
Übersetzung ins Deutsche: Stefan Moster
Video: Hanna-Kaisa Hämäläinen
Musik: Kaamanen Soundsystem

Volker Braun
Gedicht: Große Fuge. Aggregat K, erscheint demnächst im Suhrkamp Verlag
Video: Christian Bäucker

Wir danken der Deutschen Oper für die Möglichkeit der Aufzeichnung.

Angélica Freitas
Gedichte: für meine hose, die klamotten kommen aus asien, miniwelt, futurologie 2, künstlerin-in-berlin, ich soll ein gedicht schreiben über populismus für ein festival
Übersetzung ins Deutsche: Odile Kennel
Video: Affonso Uchôa

Omar Al-Jaffal
Gedicht: Wir wollen das Leben
Übersetzung ins Deutsche: Suleman Taufiq
Kamera, Ton, Schnitt: Andreas Bolm
Kamerassistent: Boglárka Börcsök
Musik: Atef Al-Jaffal, Hussain Al-Harbi

Vielen Dank an Haneen Naamneh

Nancy Campbell
Gedichte aus: Disko Bay, Enitharmon Press 2015
Übersetzung ins Deutsche: Hans Jürgen Balmes
Video: Nancy Campbell
Editor: Liam Martin
Motiv: Meereis, gefilmt im Frühling auf der Insel Upernavik, Grönland